Mein Name ist Mirsada Simchen-Kahrimanovic. Ich bin Zeitzeugin des Bosnienkrieges und setze mich an Schulen, Universitäten und in Unternehmen für Demokratie, Menschenrechte und Verständigung ein.
Als ich dreizehn war, wurde mein Vater vor meinen Augen im Bosnienkrieg erschossen. Gemeinsam mit meiner Mutter und Schwester wurden wir in das Lager Trnopolje inhaftiert, wo Gewalt und Flucht meine heile Kindheit zerrissen. Jahrzehntelang trug ich dieses Grauen stumm in mir – jetzt erhebe ich meine Stimme für all jene, die nicht mehr sprechen können.
Nie wieder Krieg. Nie wieder Srebrenica. Nie wieder Konzentrationslager Omarska, Keraterm, Trnopolje.Nie wieder Schweigen. Nie wieder Wegschauen. Ich möchte Menschen berühren, aufklären und aktivieren.
Meine Mission ist es, aus persönlichem Leid eine Kraftquelle zu machen, um anderen Mut zu geben und Brücken zwischen Kulturen, Generationen und gesellschaftlichen Gruppen zu bauen.
Kindheit im Krieg, Flucht und der langen Weg zurück ins Leben. Es ist ein sehr persönliches Plädoyer für Verständigung, Toleranz und die unerschütterliche Kraft der Hoffnung.
Ich wuchs in Bosnien in einer Welt der Unbeschwertheit auf. Doch der Krieg beendete meine Kindheit abrupt. Als ich meinen Vater verlor und in ein Konzentrationslager verschleppt wurde, zerbrach mein Paradies.
Mit 13 gelang mir die Flucht nach Deutschland. Aus Angst und Scham schwieg ich jahrzehntelang über meine Vergangenheit. Ich baute mir ein neues Leben auf, doch die Last des Unausgesprochenen trug ich in mir.
Ich erkannte nach Vierteljahrhundert dass mein Schweigen keine Heilung bringt. Ich musste meine Geschichte als Zeitzeugin teilen. Das Schreiben meines Buches »Lauf, Mädchen, lauf« war der erste Schritt, um meine Stimme gegen das Vergessen zu erheben.
Als Überlebende spüre ich heute eine besondere Verantwortung, das Verschleiern der Verbrechen von damals nicht zuzulassen. Der Internationale Gerichtshof (ICJ) hat bestätigt, dass die Ermordung von über 8 372 bosnischen Muslimen in Srebrenica mit dem Vorsatz begangen wurde, „die Gruppe der Muslime von Bosnien und Herzegowina in Teilen zu zerstören“.
Insgesamt wurden dort über 25 000 Menschen vertrieben.
Ein Völkermord, der trotz dieser Urteile bis heute von manchen geleugnet wird.
Auch die Verbrechen in meiner Heimatregion dürfen nicht in Vergessenheit geraten: Beim Angriff auf Kozarac im Mai 1992 beschossen serbische Truppen die fliehende Zivilbevölkerung, brannten Häuser nieder und deportierten Frauen ins Lager Trnopolje sowie Männer in die Lager Omarska und Keraterm.
Mehr als 5 000 Soldaten waren an diesem Überfall beteiligt.
Damals war ich machtlos – heute kann ich die Wahrheit aussprechen. Mit meinen Lesungen, Vorträgen und Workshops kämpfe ich gegen das Vergessen und setze mich dafür ein, dass die Schrecken von Srebrenica, Prijedor und Kozarac nicht verschwiegen werden. So möchte ich dazu beitragen, dass junge Menschen aus der Vergangenheit lernen und sich für eine friedliche und gerechte Zukunft einsetzen.
Heute nutze ich meine Stimme, um Brücken zu bauen. Mit meiner Bildungsinitiative setze ich mich für Frieden, Demokratie und Empowerment ein, um jungen Menschen die Werkzeuge für eine bessere Zukunft zu geben.